von Bettina Freihofer
Ende der 90er Jahre fasste Frederic Vester in seinem Buch «Die Kunst des vernetzten Denkens» die 6 Fehler im Umgang mit vernetzten Systemen zusammen. Zwanzig Jahre später können diese Erkenntnisse immer noch eins zu eins in unterschiedlichen Situationen angewendet werden:
Falsche Zielbeschreibung: Statt die Erhöhung der Lebensfähigkeit des Systems aufzuzeigen, werden Einzelprobleme zu lösen versucht. Das System wird abgetastet, bis ein Missstand gefunden ist. Dieser wird beiseitigt. Danach wird ein nächster Missstand gesucht und unter Umständen bereits eine Folge des ersten Eingriffs korrigiert.
Unvernetzte Situationsanalyse: Oft werden grosse Datenmengen gesammelt, die enorme Listen ergeben, jedoch zu keinen vernetzten Erkenntnissen führen: Aufgrund fehlender Ordnungsprinzipien – etwa Rückkoppelungskreisen, Grenzwerten usw. – gelingt keine sinnvolle Auswertung der Datenmassen.
Irreversible Schwerpunktbildung: Man versteift sich einseitig auf einen Schwerpunkt, der zunächst richtig erkannt wird. Aufgrund ersten Erfolge beisst man sich an ihm fest und lehnt andere Aufgaben ab. Dadurch bleiben schwerwiegende Konsequenzen des Handelns in anderen Bereichen oder gar vorhandene Probleme und Misstände unbeachtet.
Unbeachtete Nebenwirkungen: Im linear-kausalen Denken befangen, geht man bei der Suche nach geeigneten Massnahmen sehr zielstrebig vor, d.h. ohne Nebenwirkungsanalyse – oft auch dann, wenn man das System als vernetztes Gefüge erkannt hat. Es werden z.B. keine Prototypen vorab zum durchtesten möglicher Strategien duchgeführt.
Tendenz zur Übersteuerung: Zunächst geht man zögernd mit kleinen Eingriffen an die Beiseitigung der Missstände heran. Wen sich daraufhin nichts ändert, ist die nächste Stufe ein kräftiges Eingreiffen, um dann bei den ersten unerwarteten Rückwirkungen – durch Zeitverzögerung artikulieren sich die ersten kleinen Schritte oft unbemerkt – wieder komplett zu bremsen.
Tendenz zu autoritärem Verhalten: Die Macht, das System verändern zu dürfen und der Glaube, es durchschaut zu haben, führen oft zu diktatorischen Verhalten, was für komplexe Systeme völlig ungeeignet ist: Nicht gegen, sondern mit dem Strom schwimmend zu verändern, ist am wirkungsvollsten. Häufig spielt auch die Hoffnung auf einen zweifelhaften persönlichen Prestigegewinn eine Rolle: Durch die Grösse eines Projekts zu Macht und Ansehen zu kommen, nicht durch die erfolgreiche Projektumsetzung.
Quelle: Frederic Vester | Die Kunst vernetzt zu denken.
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